
EWIV – das Grundwissen
Die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) ist eine rechtliche Organisationsform, die von der Europäischen Union geschaffen wurde, um grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Unternehmen zu fördern.
Gründung
Rechtsfähigkeit und Registrierung im Europäischen Wirtschaftsraum
Hilfsfirma
Unterstützung der wirtschaftlichen Tätigkeit ihrer Mitglieder
Mitglieder
Rechte, Pflichten und Abstimmungsverfahren der Mitglieder
Geschäftsführung
Vertretung und Verpflichtung gegenüber Dritten
Kapitalausstattung
Flexible Finanzierungsmethoden ohne Pflichtkapital
Rechnungslegung
Buchführung und Jahresabschluss nach EU-Recht
Gründung und Rechtsfähigkeit
Der EWIV steht – zumindest in Deutschland – grundsätzlich nur die Form der Neugründung zur Verfügung. Der Gründungsvertrag (bei uns auch Unionssatzung) einer EWIV muss den Namen, den Unternehmenssitz, den Unternehmensgegenstand und gegebenenfalls den Namen, die Nummer und den Ort der Registereintragung eines jeden Mitglieds der Vereinigung sowie die Dauer der Vereinigung, sofern sie nicht unbegrenzt ist, enthalten.
Dieser Vertrag muss in das von den einzelnen Mitgliedstaaten dafür vorgesehene Register eingetragen werden. Die Eintragung verleiht der EWIV in der gesamten Gemeinschaft die volle Rechtsfähigkeit. Der einzelne Mitgliedstaat bestimmt jedoch, ob und inwieweit die in seiner Rechtsordnung gegründeten EWIV Rechtspersönlichkeit besitzen.
Das deutsche EWIV-Ausführungsgesetz zur Europäischen EWIV-Verordnung verweist auf Regelungen über die offene Handelsgesellschaft. Damit erlangt eine deutsche EWIV nach § 124 HGB Rechtsfähigkeit im Sinne einer Gesamthands-Gemeinschaft, sie ist keine juristische Person wie AG und GmbH und wird im (deutschen) Handelsregister A bei den Personengesellschaften geführt.
Aber – in der Praxis spielt diese Frage keine Rolle, weil kraft EU-Recht (höheres Recht) jede EWIV Verträge abschließen kann, klagen oder verklagt werden kann und einen Geschäftsführer (bei uns der Präsident mit Vollprokura) hat (diesen ähnlich wie bei einer GmbH).
Bei jeder Gründung oder Auflösung einer EWIV müssen die Einzelheiten im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht werden (EG-Amtsblatt S).
Nutzung als Hilfsfirma
Mit der Schaffung der Rechtsgrundlage für die EWIV hatte die EU im Sinn grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Unternehmen zu fördern. Bei der Errichtung einer EWIV muss daher ein grenzüberschreitender Bezug gegeben sein, d. h. ein Bezug der Mitglieder zu mindestens zwei verschiedenen Mitgliedstaaten.
Sie soll die wirtschaftliche Tätigkeit ihrer Mitglieder erleichtern und/oder entwickeln, um es Ihnen zu ermöglichen, ihre eigenen Ergebnisse zu verbessern. Die EWIV ist daher nicht selbst auf Gewinnerzielung ausgerichtet, sondern soll die Mitglieder dabei unterstützen, ihre eigenen Ergebnisse zu steigern.
Sie darf für die Mitglieder aber nur „Hilfstätigkeiten" ausführen und eignet sich im besonderen Maße als Hilfsfirma, um gemeinsame Ziele zu erreichen. Sie dient darüber hinaus auch der Verwirklichung und Stärkung des angestrebten europäischen Binnenmarktes durch eine harmonische Entwicklung des Wirtschaftslebens.
Wichtige Einschränkungen:
- Die EWIV darf nicht zur Konzernleitung eingesetzt werden
- Sie darf generell keine Anteile an Mitgliedsunternehmen halten
- Die Zahl der Arbeitnehmer einer EWIV ist auf 500 begrenzt
Bei der EWIV der Senatoren handelt es sich um eine Sonderform, die durch die Satzung und Eintragung definiert ist.
Sitz
Der Sitz einer EWIV muss im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gelegen sein; er kann unter bestimmten Bedingungen (u. a. einstimmige Beschlussfassung; keine weiteren Verpflichtungen gegenüber Finanzbehörden und Sozialversicherung) innerhalb der Gemeinschaft verlegt werden.
Bei uns ist diese Beschlussfassung sowohl durch die Unionssatzung wie auch durch den Präsidiumsbeschluss vom 10. August 2018 geregelt und liegt den Gerichten als beglaubigte Kopie vor. Für die Sitzverlegung innerhalb des Sitzlandes genügt ein Mehrheitsbeschluss.
In einem Nicht-EU-Land kann eine EWIV einen Zweigsitz errichten, wenn dies nach den dort geltenden Registereintragungsregeln möglich ist.
Rechte der Mitglieder; assoziierte Mitglieder
Jedes Mitglied einer EWIV hat normalerweise eine Stimme. Jedoch kann der Gründungsvertrag bestimmten Mitgliedern mehr als eine Stimme unter der Bedingung gewähren, dass kein einzelnes Mitglied die Stimmenmehrheit besitzt (allerdings nicht mehr als 50 %, auch nicht 0 %).
In der Praxis geschieht dies häufig zum Schutz von Minderheiten, z. B. der Gründungsmitglieder, die eventuell sonst überstimmt werden könnten und dann somit die Idee der EWIV Schaden nehmen könnte. Das Abstimmungsverfahren wird von der Mitgliederversammlung, mindestens aber der EG-Verordnung festgelegt.
Assoziierte Mitglieder
Viele EWIV haben das Problem, dass sie bestehende Kooperationen mit Mitgliedern aus Drittländern einbeziehen wollen, diese aber nicht EU-Mitgliedstaaten sind (Drittländer sind so z. B. die Schweiz, Türkei, Russland und die USA). Hierzu gibt es in der Regel die Möglichkeit, diese Mitglieder als „assoziierte Mitglieder" aufzunehmen.
Assoziierte Mitglieder können normalerweise nicht mitstimmen, können aber – da Abstimmungen in einer EWIV zu 99 % immer einvernehmlich verlaufen – „indikativ" abstimmen, d. h. ihre Abstimmung wird separat von den anderen Mitgliedern zu Protokoll genommen.
Bei uns ist die Frage der Haftung der Mitglieder nicht gegeben, da unsere Union keine Schulden (siehe Unionssatzung) machen darf sowie keine Verbindlichkeiten, Hypotheken oder Darlehensaufnahmen darf.
Bei uns durch die Unionssatzung (§) wie folgt geregelt:
- §5 Mitgliedschaft
- §10 Der Senator
- §11 Zusätzliche Pflichten
- §12 Die Rechte und Pflichten der Senatoren
- §13 Der Präsident
- §17 Amtszeit der Senatoren
Geschäftsführung und Vertretung
Die Geschäfte der EWIV werden von einer oder mehreren natürlichen Personen geführt, die durch den Gründungsvertrag oder durch Beschluss der Mitglieder bestellt werden. Die EWIV muss sich aus mindestens zwei Organen zusammensetzen: gemeinschaftlich handelnden Mitgliedern und dem oder den Geschäftsführern.
Jeder der Geschäftsführer vertritt und verpflichtet die EWIV gegenüber Dritten, selbst wenn seine Handlungen nicht zum Unternehmensgegenstand der Vereinigung gehören. Es gilt dabei das Prinzip der Fremdorganschaft. Das bedeutet, dass mit der Geschäftsführung ein Dritter (Externer) beauftragt werden kann.
In vielen EU-Mitgliedstaaten – nicht aber z. B. in Deutschland – kann auch eine externe Kapitalgesellschaft (die nicht einmal ihren Sitz in der EU haben muss), also eine juristische Person, die Geschäftsführung übernehmen, freilich nur vertreten durch eine natürliche Person.
Bei uns durch die Unionssatzung (§) wie folgt geregelt:
- §4 Zweck der Union
- §6 Geschäftsführung
Kapitalausstattung
Eine EWIV darf sich nicht öffentlich an den Kapitalmarkt wenden. Eine EWIV muss nicht zwingend mit Kapital ausgestattet sein. Es steht ihren Mitgliedern frei, sich anderer Finanzierungsmethoden zu bedienen. Üblich sind zum Beispiel Mitgliederbeiträge zur Finanzierung der EWIV.
Rechnungslegung
Die Geschäftsführer sind verpflichtet, für die ordnungsgemäße Buchführung der Vereinigung zu sorgen und den Jahresabschluss aufzustellen.
Bei uns durch die Unionssatzung geregelt – sind als eine „nicht wirtschaftliche Organisation" eingetragen und haben daher bis dato noch nie irgendetwas mit dem Finanzamt zu tun gehabt, die Buchführung und Abschluss ist durch § 7 Jahresabschluss geregelt.
Haftung der Mitglieder
Als Gegenleistung für die vertragliche Freiheit, welche die Grundlage der EWIV darstellt, und für den Umstand, dass die Mitglieder kein Pflichtkapital zur Verfügung stellen müssen, haften die Mitglieder der Vereinigung unbeschränkt und gesamtschuldnerisch für deren Verbindlichkeiten, Art. 24 Verordnung (EWG) Nr. 2137/85.
Dies in einer sog. "Subsidiärhaftung", d. h. erst haftet die EWIV als solche (die ja auch z. B. Stammkapital ansammeln kann, bzw. mit ihrem eigenen Vermögen), dann erst die Mitglieder. Die Haftung kann aber auch vertraglich limitiert werden (hiervon machen insbesondere einige Forschungs-EWIVs aus dem Bereich von Universitäten Gebrauch).
Bei uns ist eine Haftung der Mitglieder ausgeschlossen – denn – unsere Union der Senatoren darf nur die tatsächlich vorhandenen Finanzmittel nutzen und darf keine Verbindlichkeiten (Schulden) bilden (machen).
Rechtsgrundlagen
Die Rechtsgrundlagen der EWIV finden sich in:
- der Verordnung (EWG) Nr. 2137/85 (EWIV) – ABl. EG Nr. L 199, S. 1
- dem EWIV-Ausführungsgesetz
- BMF-Schreiben vom 15.11.1988- IV C5- S1316 67/88
Grundlage für eine Europäische Wirtschafts- und Interessenvereinigung für Deutschland ist das deutsche EWIV-Ausführungsgesetz vom 22. April 1982. Hier wird in § 1 explizit geregelt, dass die Ausführungsbestimmungen nur gelten, soweit nicht die Verordnung der EWG gilt.
Im Übrigen sind in Deutschland ggfs. die für eine offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden. Durch entsprechende Statutengestaltung kann man den Rückgriff auf oHG-Recht (deutsches HGB, BGB) minimalisieren. Aufgrund der Normenhierarchie stellt die EWIV-Verordnung der EWIV gegenüber den deutschen Ausführungsbestimmungen höherrangiges Recht dar.
Bei uns durch den Gründungsvertrag / Unionssatzung, deren Grundlage die Artikel der oben genannten Verordnung (EWG Nr. 2137/85 EWIV) des Ministerrates sind.